Backup-Pipeline für Kanalisation in 66 m Wassertiefe

Ab Beginn der 1970er Jahre wurden Seedruckleitungen für Abwasser in mehreren Seen in Österreich errichtet. So auch im Salzburger Fuschlsee, wo sich seit 1975 eine PE-Abwasserleitung auf dem Seegrund befindet. Da die damals kalkulierte Lebensdauer von 50 Jahren bald erreicht ist, wird nun die Errichtung einer parallel geführten, 4.200 m langen Abwasser-Druckleitung notwendig. Sie dient als Reserveleitung, die bei einem Problem mit der alten Leitung sofort in Betrieb gehen kann. AGRU Kunststofftechnik liefert die für die Seedruckleitung notwendigen Komponenten aus dem spannungsrissbeständigen High-Tech-Kunststoff PE 100-RC.

Weiters wurde PEER Wasserbau GmbH. & Co. KG. für die Installation einer parallelgeführten, neuen Seedruckleitung ausgezeichnet.

Innovative Seedruckleitung im Fuschlsee

Seedruckleitungen punkten mit einer raschen Errichtungszeit und lassen die häufig unter Naturschutz stehenden Uferbereiche bei der Installation unberührt. Zusätzlich kann aufgrund der direkten Leitungsführung quer durch den See einiges an Rohrlänge gespart werden. Das bedeutet geringere Investitionskosten im Vergleich zu einer an Land verlegten Leitung. Da sich jedoch die Zugänglichkeit im Schadensfall aufgrund der großen Wassertiefen als schwierig gestaltet, ist es notwendig, jederzeit über eine Ersatzleitung zu verfügen. Aus diesem Grund investiert der Reinhalteverband Fuschlsee-Thalgau in eine parallelgeführte, neue Seedruckleitung aus dem Kunststoff PE 100-RC. Sie wird den glasklaren Alpensee mit Trinkwasserqualität in seiner kompletten Länge durchqueren und die Abwässer der Gemeinde Fuschl am See, zwischen 600 und 900 Kubikmeter täglich, von einem Ufer zum anderen transportieren, wo sie über einen Sammler entlang der Fuschlerache zur Verbandskläranlage des RHV Fuschlsee-Thalgau geleitet werden.

AGRU Kunststofftechnik hatte im Vorfeld 4.248 Laufmeter Polyethylen-Rohre in da 280 mm und SDR 17 (16 mm Wandstärke, maximal 10 bar Druck) sowie Formstücke und eine CNC-gesteuerte Stumpfschweißmaschine geliefert. Die schwarzen PE 100-RC Rohre mit axial verlaufenden, braunen Farbstreifen zur klaren Kennzeichnung des Einsatzgebietes Abwasser, zeichnen sich durch enorme Resistenz gegen Punktlasten und Spannungsrisse aus. Das Rohrsystem sorgt so für zusätzliche Sicherheit während des jahrzehntelangen Betriebes auf dem steinigen Seegrund in 66 Metern Tiefe, wo aufgrund der Anomalie des Wassers ganzjährig eine Temperatur von nur 4 °C herrscht. Zusätzlich bietet das Material auch eine sehr gute Beständigkeit gegenüber jenen Chemikalien, die im Abwasser von Haushalten transportiert werden (z. B. Laugen und Tenside).

Die Fa. PEER WASSERBAU GmbH. & Co. KG. ist ein anerkanntes Spezialunternehmen in den Bereichen Wasser-, Hoch- und Tiefbau und mit der fachmännischen Installation von Seedruckleitungen bestens vertraut. Herr Ing. Erich Peer und sein Team haben nur rund zwei Monate Zeit, um die über 4 km lange Seedruckleitung aus 18 m langen Rohrstangen zu schweißen, in die Rohrleitungstrasse einzuschwimmen und abzusenken. Die Schweißverbindungen der AGRULINE Rohre werden mit der AGRU Stumpfschweißmaschine ST CNC 2.0 realisiert. Dank modernster Steuerungstechnik sind alle Parameter wie z. B. Druck, Temperatur und Zeit immer unter Kontrolle. Die Maschine dokumentiert die Schweißparameter jeder einzelnen Schweißnaht und auch den Namen des Schweißers. Die Herstellung der Schweißverbindungen darf nur ein erfahrener, geprüfter Schweißer übernehmen.


PE 100-RC Leitungen

halten bis zu 80 Jahre lang dicht.


Da die Verbindung der einzelnen Rohrstangen ausschließlich mit dem Rohrmaterial erfolgt, entsteht ein monolithisches, durchgehend korrosionsbeständiges Leitungssystem. Die Beschwerungsgewichte stellen ein weiteres, wichtiges Element bei der Seedruckleitung dar.

Sie müssen dauerhaft den Eigenauftrieb des Rohrleitungssystems verhindern, der durch mögliche Faulgasbildung in der Leitung noch verstärkt wird. Zudem habe sie die Aufgabe, die abgesenkte Rohrleitung am Seegrund zu stabilisieren, sodass sie sich auch Jahrzehnte später noch an Ort und Stelle befindet. Fa. PEER verwendet dazu Betonfertigteile, die aus zwei Hälften bestehen und wie Ringe um das Kunststoffrohr gelegt werden. Anschließend werden die Hälften jedes Rings mit rostfreien Schrauben dauerhaft verbunden. Um das Rohr zu schützen und zusätzliche Sicherheit gegen Verrutschen zu gewährleisten, wird eine Moosgummieinlage zwischen Rohr und Fertigteil geklemmt. Dank dieser Betonkrägen, die im Abstand von 3 Metern befestigt sind, werden etwa 50 % des Auftriebes der mit Luft gefüllten und beidseitig verschlossenen Druckleitung kompensiert. Ist die Leitung später mit Wasser befüllt, sinkt sie aufgrund der Betongewichte zu Boden.

Präzise Installation – langfristige Sicherheit

Ca. 200 Laufmeter einsatzfertig montiertes Rohr werden täglich vom Ufer aus in den See geschoben. Die kilometerlange, schwimmende Leitung muss vor dem Abdriften durch Wind gesichert werden. Fa. PEER verankert und spannt daher den Rohrstrang täglich aufs Neue. Nach rund zweimonatiger Arbeit bei jedem Wetter ist es dann soweit. Die 4,2 km lange Seedruckleitung schwimmt wie eine Perlenkette auf dem See, bereit um für die nächsten Jahrzehnte „abzutauchen“. Vor der Installation auf dem Seegrund sind jedoch einige Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Die detaillierte Erkundung des Seeuntergrundes im Bereich der Rohrtrasse und die exakte Positionierung anhand von GPS-Koordinaten sind wichtig. Dann kann der eigentliche Absenkvorgang beginnen. Dazu wird der Rohrstrang von einer Seite aus behutsam mit Seewasser und von der anderen Seite mit Pressluft befüllt. Kritisch ist dabei die Absenkgeschwindigkeit, da ein gewisser Krümmungswinkel der Rohrleitung nicht überschritten werden darf. Immerhin durchquert der künftige Abwasserkanal den See in seiner ganzen Länge und somit auch die tiefste Stelle von 66 m. Der komplette Absenkprozess dauert daher mehrere Stunden. Nach erfolgreicher Absenkung wird noch eine Druckprüfung der kompletten Leitung durchgeführt.

Das Büro Steinbacher + Steinbacher ZT GMBH aus Thalgau hat langjährige Erfahrung im Siedlungswasserbau und hat bereits mehrere Projekte mit dem RHV Fuschlsee-Thalgau erfolgreich umgesetzt. Aus diesem Grund wurde Herr DI Martin Roither vom Büro Steinbacher mit der Planung des Gesamtkonzeptes beauftragt. Dieses umfasste eine Variantenstudie, die Planung, Ausschreibung und die örtliche Bauaufsicht des vorgeschalteten Retentionsbeckens, des Pumpwerkes sowie der in Bau befindlichen Seeleitung II durch den Fuschlsee.

Christian Winkler ist Geschäftsführer des Reinhalteverbandes Fuschlsee-Thalgau: „Der Fuschlsee hat Trinkwasserqualität und das soll auch so bleiben. Die neue Seedruckleitung dient als Reserve und bringt uns zusätzliche Sicherheit, denn sie kann im Ernstfall binnen Minuten in Betrieb gehen. Wir haben uns daher gemeinsam mit Herrn Martin Roither (Planung und Bauaufsicht) auch für eine Kunststoffrohrleitung aus dem Material PE 100-RC von AGRU entschieden, da laut Studien eine PE-Leitung dieser Qualität bis zu 80 Jahre halten kann. Sowohl mit der Planung und Lieferung, als auch mit der Qualität der AGRU-Rohrleitung sind wir zufrieden. Bedanken möchte ich mich auch bei der Firma PEER für die sorgsame und umsichtige Installation.“

AGRULINE Rohre aus PE 100-RC AGRULINE Rohre aus dem High-Tech-Kunststoff PE 100-RC sind perfekt für die Verlegung auf dem steinigen Seegrund geeignet.
agru pe 100 druckrohrleitung am fuschlsee Alt trifft neu: Die Seedruckleitung im Vordergrund ist seit 1975 in Betrieb. Im Hintergrund schwimmt bereits die neue Leitung.
agru pe 100 druckrohrleitung am fuschlsee Vom Ort Fuschl werden täglich rund 900 Kubikmeter Abwasser zur Verbandskläranlage Fuschlsee-Thalgau am anderen Ufer geleitet.
Die Verantwortlichen der Rohrinstallation Ing. Erich Peer (2. von links) und Sohn Manuel (ganz links) sind für die Installation verantwortlich. DI Martin Roither (3. von links) plante die Seedruckleitung. Christian Winkler (rechts) ist der Geschäftsführer des Reinhalteverbandes.